Telearbeit - Rechtliche Gesichtspunkte

1. Arbeitsvertragsrecht

Hier sind an erster Stelle Leistungs- und Beweisprobleme zu nennen. Dies gilt insbesondere für die Vertragserfüllung: Im Zuge eines elektronischen Dokumentenaustauschs zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer und anschließender Bearbeitungen auf beiden Seiten, speziell im Falle von Mängeln, können die jeweiligen Anteile oftmals nicht mehr klar abgegrenzt werden. Deshalb sollten entsprechende vertragliche Regelungen getroffen werden (sog. Übergabeprozeduren).

Wenn ein Heimarbeitsverhältnis vorliegt, ist damit in bezug auf den Kündigungsschutz, vor allem aber auch auf die Regelmäßigkeit der Beschäftigung eine Schlechterstellung des Heimarbeiters verbunden. Entscheidende Kriterien für die entsprechende Einordnung des Beschäftigungsverhältnisses sind die Weisungsgebundenheit und die Überwachung. Findet letzteres statt, so deutet dies auf Arbeitnehmereigenschaften hin. Auch wenn eine durch Rechnerprogramme organisierten Kontrolle der Leistungen stattfindet, wird nach vorherrschender Ansicht von einem Arbeitnehmerstatus auszugehen sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber Zugriff zu auf dem Server gespeicherten Arbeitsergebnissen hat.

2. Haftungsrechtsrechtliche Probleme

In Telearbeitsverträgen ist die Haftungsfrage in der Regel nicht geregelt. Dieser Umstand birgt allerdings erhebliche Risiken: Daten können zerstört werden, oder es können Viren in die betrieblichen Datenverarbeitungssysteme eingebracht werden. Der Schutz des Arbeitnehmers durch dessen private Haftpflichtversicherung ist hierfür nicht geeignet. Hier empfehlen sich vertragliche Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Zu denken ist an eine entsprechende Anwendung des § 16 Heimarbeitsgesetzes (HAG) hinsichtlich der Verteilung der Verantwortlichkeit beim Gefahrenschutz. 

§ 16 HAG lautet:
(1) Wer Heimarbeit ausgibt oder weitergibt, hat dafür zu sorgen, dass Leben oder Gesundheit der in der Heimarbeit Beschäftigten durch technische Arbeitsmittel und Arbeitsstoffe, die er ihnen zur Verwendung überlässt, nicht gefährdet werden.
(2) Die zur Durchführung des Gefahrenschutzes erforderlichen Maßnahmen, die sich auf Räume oder Betriebseinrichtungen beziehen, hat der zu treffen, der die Räume und Betriebseinrichtungen unterhält.

3. Datenschutz und Unverletzlichkeit der Wohnung

Mit Telearbeit untrennbar verbunden sind Probleme im Zusammenhang mit den notwendigen Begrenzungen des Arbeitsumfangs. Solche Probleme ergeben sich insbesondere mit Hinblick auf § 9 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz). Die Vorschrift ordnet an, dass personenbezogene Daten nur in einem kontrollierten Raum bearbeitet werden dürfen. 
In diesem Zusammenhang trifft den Arbeitgeber z.B. eine Meldepflicht, welche Geräte zu seinem betrieblichen Gesamtsystem gehören und wo sie installiert und eingesetzt werden. Eine derartige Kontrolle ist im häuslichen Bereich nicht möglich. Dies gilt auch dann, wenn der Datenschutzbeauftragte den Zugang zum häuslichen Arbeitsplatz erhält.
Insoweit ist anzumerken, dass ein Zutrittsrecht gegen den Willen des betroffenen Telearbeiters für Arbeitgeber, Arbeitnehmervertreter und Behörden nicht besteht. Für den Auftraggeber bedeutet das, dass er personenbezogene Daten an häuslichen Telearbeitsplätzen nicht verarbeiten lassen sollte.


4. Soziale Isolation / Mitbestimmung des Betriebsrates

Ein typisches Problem der Telearbeit ist die soziale Isolation. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage nach der Wahrung von Rechten laut Betriebsverfassungsgesetz (Teilnahme an Betriebsversammlungen, passives Wahlrecht). Es besteht die Gefahr informationeller Entfremdung gegenüber den Kollegen und dem Betriebsrat, der umgekehrt wegen der fehlenden persönlichen Kontakte möglicherweise in seiner Bereitschaft zur Unterstützung beeinträchtigt ist. 
Problematisch ist auch, dass es dem Telearbeitnehmer nur schwer möglich ist, seine eigenen Leistung mit der der Kollegen zu vergleichen. Dies kann schnell zu einer Schwächung der vertraglichen Position und in der Folge zu Karriereeinbußen führen. 
Das Betriebsverfassungsgesetz wird einschränkend auszulegen sein: Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates hinsichtlich der Lage der Arbeitszeit und der Pausen ist daher abzulehnen. Insoweit bleibt es bei der individuellen Zeitsouveränität des Telearbeiters.

5. Umgehung nationaler Arbeitnehmerschutzbestimmungen

Die zunehmende Entwicklung der Telekommunikation eröffnet immer mehr die Möglichkeit zur grenzüberschreitenden Telearbeit. Dabei stoßen die unterschiedliche Arbeitsrechtsverhältnisse der jeweiligen Staaten aufeinander. Grundsätzlich gilt das Recht am Standort des Arbeitgebers. Dies könnte insbesondere im Verhältnis zu Staaten mit einem geringeren Schutzniveau (z.B. Großbritannien) gerade bei Kündigungen zu Problemen führen. 

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